Fahren mit mehreren Motorrädern in einem Verbund, auch das will gelernt sein. Umso mehr Motorräder daran beteiligt sind, desto kniffliger wird der Spaß. Aber ab wann macht es überhaupt Sinn in „Formation“ zu fahren? Ab vier Motorrädern? Ab fünf? Vielleicht sogar erst ab acht? Nein. Sobald mehr als ein Motorrad dabei ist, sollte man in Formation, also versetzt fahren.

Aber warum eigentlich? Autos fahren ja auch einfach hintereinander her, ganz ohne irgendwelche fancy Regeln (Abstandsregel mal außen vor) oder Verhaltensrichtlinien. Klar, das stimmt. Allerdings fahren Autos eher selten im festen Verbund und außerdem sind wir mit unseren Motorrädern einspurig unterwegs. Das gibt uns zum einen ein ganz andere Möglichkeiten, allerdings auch ein paar Punkte die wir beachten sollten.
Vorne weg: Auf große, angemeldete Konvoifahrten gehe ich hier nicht ein, wer sich dafür interessiert kann hier mal vorbeischauen, da ist das super erklärt. Hier geht es eher um kleine Gruppen, wie man sie eben oft bei gemeinsamen Ausflügen hat.
- Treffpunkt
Da fängt alles an. Ideal sind große Parkplätze oder ähnliches. Tankstellen bieten sich natürlich ebenfalls super an. Da hat es in der Regel genug Platz und niemand muss mit einem leeren Tank starten. Weiterer Vorteil: Tankstellen sind recht einfach zu finden.
- Gruppengröße
Mir persönlich sind Gruppen ab 6 Motorrädern zu anstrengend. Vor allem dann, wenn es Leute sind, mit denen man nicht ständig fährt und sich die „Skill-Level“ und Leistungsunterschiede der Motorräder zu stark unterscheiden. Natürlich kann man auch mit 20 Motorrädern super in Kolonne fahren, allerdings bleibt da der Fahrspaß für mich persönlich auf der Strecke. Was sich da anbietet, die große Gruppe in mehrere kleine Aufzuteilen. Alle haben das gleiche Ziel, jede Untergruppe hat einen eigenen Gruppenführer und man teilt die Gruppen grob nach der Fahrerfahrung ein. Auf diese weiße bleibt der Fahrspaß nicht auf der Strecke und man kann trotzdem mit allen an einem gemeinsamen Ziel ankommen. Die einen halt 5 Minuten früher, die anderen 5 Minuten später. Macht unter Strich keinen Unterschied.

- Gruppenführer
Spätestens bei Gruppen mit mehr als 3 Motorrädern sollte man klar und deutlich einen routinierten Gruppenführer bestimmen, der dann an der Spitze fährt. Und zwar die komplette Tour oder zumindest bis zum ersten längeren Halt. Das beugt eventuelle Unklarheiten vor, wer jetzt das Kommando hat und den Ton angibt. Ist man sich darüber klar geworden und jeder hat seinen Platz in der Formation eingenommen (den er dann auch beibehält) kann es losgehen. Der Gruppenführer bestimmt die Route, das Tempo und wo angehalten wird. Hektische Fahrmanöver etc. sind zu vermeiden, um keine Unruhe in die Gruppe zu bringen. Falsch abgebogen? Macht nichts. Auf den nächsten größeren Parkplatz rausfahren und den Fehler korrigieren. Gute Motorradnavis leiten die Route, falls möglich, sowieso um ohne zum Wenden aufzufordern. Es bleibt also alles im Fluss, gewagte Wendemanöver sind überflüssig.
Was vorher unbedingt geklärt werden sollte, ist das Thema Benzin. Man richtet sich nach dem Motorrad mit der kleinsten Reichweite. Es macht für den Gruppenführer Sinn, seinen zweiten Tageskilometerzähler zu Nullen und dann entsprechend Rechtzeitig eine Tankstelle anzusteuern.
- Einteilung der Gruppe
Faustregel: die unerfahrensten Teilnehmer fahren hinter dem Gruppenführer. Die Erfahrensten am Schluss. Auf diese Weise geht keiner verloren, wenn es mal ans überholen geht oder der Anschluss zur Gruppe doch mal abreißt.
- Versetzt fahren
Ab zwei Motorrädern fahren wir seitlich versetzt. Der Erste in der Kolonne fährt links außen, der Zweite rechts außen, der Dritte wieder links außen und so weiter. Die Kolonne auf der linken Seite beginnen zu lassen macht deshalb Sinn, weil es dem führenden Motorrad beim Vorbereiten eines Überholvorgangs einen besser Überblick bietet und er generell eine bessere Übersicht über den Verkehr hat. Der große Vorteil beim versetzt fahren: Jeder Fahrer hat einen besseren Überblick über die Verkehrssituation und generell entschärft es viele Situationen, da man an dem vorausfahrenden Motorrad, im Falle eines Falles, vorbeifahren kann, ohne dass man ausweichen muss. Wichtig: die Position in der Gruppe halten!

- Abstand
Grundsätzlich gilt der gleiche Sicherheitsabstand wie immer (Faustregel: halber Tacho in Metern). Und zwar zum nächsten Schräg versetzten Fahrzeug vor einem, nicht zum übernächsten! Mir ist natürlich klar, dass geübte und routinierte Fahrer diesen Sicherheitsabstand recht frei interpretieren. Allerdings sollte man im Hinterkopf behalten, dass man sich hier in einer Grauzone befindet, und wenn es ganz dumm läuft wird einem der nicht ausreichende Sicherheitsabstand angekreidet.
Zu große Abstände sollten allerdings vermieden werden, da es die Gruppe sonst zu sehr in die Länge zieht uns es gerade im Stadtverkehr mit Ampeln etc. unnötige Probleme bereitet die Gruppe zusammenzuhalten.
- Konstant fahren
In größeren Gruppen sollte möglichst konstant gefahren werden. Das heißt: nicht beschleunigen wie ein Irrer, und keine unnötigen Vollbremsungen. Vorausschauend fahren, rechtzeitig vor Ortschaften etc. vom Gas gehen, sanft raus beschleunigen. Das beugt dem Ziehharmonikaeffekt Effekt vor und hält Hektik von der Gruppe fern.
- Stadt

Speziell in der Stadt ist man mit kleineren Gruppen klar im Vorteil. Fährt man schön dicht zusammen und beobachtet die Ampeln aufmerksam, ist auch das kein Problem. Wenn doch mal eine Ampel mitten in der Gruppe auf Rot umspringen sollte, wartet die Gruppe die durchgekommen ist an einer geeigneten Stelle auf die Nachzügler.
- Gruppe wird getrennt

Früher oder später wird es passieren: Die Gruppe wird getrennt. Sei es an einer Ampel, einem Bahnübergang oder an einer Kreuzung. Alles kein Problem, der Gruppenführer hat das im Blick und spätestens vor dem nächsten Abbiegen wird auf die Nachzügler gewartet. Das heißt im Umkehrschluss für die Nachzügler: Es geht immer geradeaus weiter, auch wenn man die Gruppe nicht mehr sieht. Sollte es doch mal verdächtig lange dauern bis die Nachzügler aufschließen (es kann sich ja auch um eine Panne etc. handeln) einfach mal das Smartphone nutzen oder jemanden zurückschicken der nach dem Rechten sieht.
- Anhalten
Wenn wir an Ampeln anhalten müssen, versuchen wir als Gruppe so kompakt wie möglich zu sein. Das heißt, wir halten nebeneinander an. Das Spart jede Menge Platz vor Ampeln und hält die Gruppe zusammen. Bei losfahren dann darauf achten, dass wieder jeder seine Position (seitlich versetzt) einnimmt. Steuert der Gruppenführer einen Parkplatz etc. an, gibt er das Rechtzeitig mit dem Setzen des Blinkers (alle anderen in der Gruppe blinken dann natürlich auch) zu verstehen und vermindert die Geschwindigkeit, je nach Gruppengröße, schon deutlich vor dem Erreichen der Einfahrt auf den Parkplatz etc. Dadurch wird niemand überrascht und keiner muss abenteuerliche Bremsmanöver veranstalten.
- Überholen
Auch wenn wir in einer Gruppe unterwegs sind, jeder überholt für sich und ist für sich selbst verantwortlich! Und zwar in der Reihenfolge, in der die Kolonne fährt. Also kein Vordrängeln oder sonstigen gewagten Manöver. Das fahren in Gruppen ist auch ohne solche Aktionen komplex genug. Sind Motorräder in der Gruppe, die sich von der Leistung stark unterscheiden, wird auch hier wieder auf den „schwächsten“ Rücksicht genommen.
- Kurvige Strecken

Geht es in kurvigeres Geläuf und vielleicht etwas flotter zur Sache, ist das Versetzt fahren nicht mehr zweckmäßig. Hier ist es, je nach Situation, sinnvoll, die Gruppe weiter auseinander zu ziehen, damit jeder eine Korrekte Kurvenlinie fahren kann.
- Auffahren auf fremde Gruppen
Wenn wir als Gruppe oder als Einzelfahrer auf eine Gruppe auffahren, dann ordnen wir uns der Formation der Gruppe vor und unter. Heißt: wenn der letzte der vorderen Gruppe z. B. links fährt, fahren wir bzw. der Erste unserer Gruppe rechts und umgekehrt. Wenn es sich dabei um größere Gruppen handelt, wird es auch mit dem Überholen schwierig. Zwischen rein drängeln ist kein feiner Zug und bringt unnötig Unruhe rein. Besser: einfach mal kurz Pause machen und die Jungs und Mädels fahren lassen. Ist unterm Strich für alle beteiligten die stressfreiere Methode. Vor allem, weil wir nie wissen können wir routiniert die Fahrer/innen in der fremden Gruppe sind.
Wenn man sich die oben genannten Leitlinien zu Herzen nimmt, dann klappt auch das fahren in der Gruppe ohne Stress und den Benzingesprächen bei gemeinsamen Ausflügen steht nichts mehr im Wege.