Fahrende Lichtorgeln

Uns allen sind sie schon mal entgegengekommen. Die fahrenden Lichtorgeln. In der Regel Adventure Bikes, mit unvernünftig vielen, natürlich selbst montierten (denn dafür reicht es gerade noch so), Zusatzscheinwerfern.

Herr im Himmel!

Erst mal nichts Dramatisches, denn immerhin hat jeder das Recht, sein Motorrad so hässlich wie möglich zu verunstalten. Allerdings weiß man erst mal nicht, wenn einem so ein Monstrum entgegenkommt, ob es denn ein Motorrad oder ein Weißer Zwerg ist. Denn, und da darf man ruhig mal ausfallend werden, die Scheißdinger blenden schon am Tag wie sonst was. Ich will mir gar nicht vorstellen, was da Nachts los ist. Da bleibt einem nur noch der Wunsch nach einem schönen Kabelbrand.

Aber natürlich interessieren mich die Hintergründe. Und ich habe nicht umsonst 4 Semester Küchenpsychologie im Fernstudium abgebrochen! Also fangen wir mal an, die Typen in Schubladen zu stecken!

Der Prepper

Auf jedes Szenario vorbereitet! Je unangenehmer, desto besser! Das Gefühl, dem durchschnittlichen „Schlafschaf“ überlegen zu sein, löst eine tiefe innere Befriedigung aus. Meiner Meinung nach ist das was Sexuelles, ausgelöst von mangelnder Fürsorge in der Kindheit. Deshalb muss so viel Licht ans Motorrad wie möglich! Denn sollte sie kommen, die Große Finsternis, ist man vorbereitet und hat einen Vorteil gegenüber den anderen. Denn dann, wenn es so weit ist und alles den Bach runtergeht, wird man sehen, ob die Leute noch über 1200 Packungen Hefe im Keller lachen!

Aber wie bei Preppern so üblich: die große Finsternis wird, wie der große Zusammenbruch, wohl eher nicht kommen. Denn man achtet peinlichst genau darauf, sich in keine Situation zu bringen, in der man nach Einbruch der Dunkelheit mit dem Motorrad unterwegs ist und diese Flutlichter eventuell wirklich braucht. Eingeschaltet werden sie deshalb Tagsüber, die Schlafschafe sollen ja sehen, wie gut man vorbereitet ist. Quasi das Pendant zu den berühmten Funktionswesten mit zu vielen Taschen, die dieses Klientel so gerne trägt.

Der Abenteurer

Mit seinem Adventure Bike verwegen durch die Wüsten brettern, mit Beduinen gemeinsam Tee trinken, an versteckten Oasen die Wasserflasche füllen und Kamele streicheln – all das macht die Mehrheit der Adventure Bike Fahrer natürlich nicht, denn schon allein die körperliche eher marode Verfassung verbietet solche Unternehmungen. Aber was braucht man für solche Szenarien, selbst wenn sie nur im Kopf Stattfinden? Licht natürlich, und am besten viel davon! In der Sahara wird es zeitig dunkel!

Da wären se gerne… sind se aber nicht

Aus küchenpsychologischer Sicht wohl eine Sehnsucht nach unerreichbaren Träumen und ein Teil-Ausleben eben jener, zum Leid der Entgegenkommenden.

Der Bastler

Es gibt so Leute, die brauchen immer was zu tun. Und in dem Fall, immer was zum Schrauben, modifizieren oder optimieren. Bis zu einem gewissen Grad kann ich das nachfühlen, denn mein alter Peugeot 205 war auch nie fertig, dafür am Ende aber sehr, sehr hässlich und verbastelt. Beim Motorrad kommt man da, schon allein größenbedingt, schneller zum Ende der Fahnenstange als bei einem Auto. Ich habe den Eindruck, Lampen und Lichter an die, jetzt eh schon hässliche, Kiste zu basteln ist da der letzte Ausweg. Vor allem, weil es auch recht unkompliziert gemacht ist! Einfach an die Sturzbügelchen ranklemmen, die Kabel am besten direkt an die Batterie, und fertig ist die Butze! Leuchtet wie ein Weihnachtsbaum, ist aber nicht so hübsch.

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Wahrscheinlich liegt die Ursache dieses Verhaltens an dem tiefen Drang, etwas Eigenes schaffen zu wollen. Etwas Individuelles, das aber dennoch einen praktischen nutzen hat, den man dem Lebenspartner gegenüber argumentieren kann.

Der Unsichtbare

In diesem Fall ist die Person natürlich nicht unsichtbar. Erst recht nicht, wenn sie auf ihrem 250kg Adventure Bike Platz nimmt, das so breit ist wie Renault Twingo von 1993. Aber da der Freund eines Bekannten von der Schwägerin 3. Grades mal von einem Auto übersehen wurde, lauert diese Gefahr natürlich an jeder Ecke. Und wie könnte man diesem Problem besser vorbeugen, als einfach jedem anderen Verkehrsteilnehmer mit seinem Sortiment aus Zusatzleuchten dermaßen auf den Sack zu gehen, dass man gar nicht übersehen werden kann? Herrlich! Darauf angesprochen wird dann natürlich mit viel Bla Bla um Sicherheit und Sichtbarkeit argumentiert, oft muss man sich bei diesem Gespräch auch noch von einer Warnweste blenden lassen.

Es kann einfach kein Zufall sein!

Meiner Expertenmeinung nach liegt der Ursprung hier in einer verborgenen Angst und Unsicherheit, wahrscheinlich, wie so oft, auch irgendwie was Sexuelles. Mobbing in der Kindheit war bei diesem Personenkreis wohl eher die Regel als die Ausnahme, was natürlich prägend ist.


Fazit

Manchmal hilft es einem ja, wenn man die Beweggründe für eine Handlung, egal wie dumm sie auch sein mag, erkennt und versteht. In diesem Fall hat das so mittel-gut funktioniert. Aber so eine Schreibtherapie ist ja auch nicht verkehrt.

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