Die Seuche der Straße – Teil #3

Machen wir es kurz: Rollerfahrer! Und ich rede jetzt nicht von den armen Schweinen, die sich todesmutig bei Wind und Wetter durch den Berufsverkehr quälen, da der Roller ihr einzig verfügbares Kraftfahrzeug ist. Früh morgens, stockdunkel, LKWs ziehen knapp an ihnen vorbei. Dazu braucht es die metaphorischen „dicken Eier“ über die so oft geredet wird. Und da macht dann auch der rollertypische „Durchstieg“ Sinn – aus Platzgründen. Die Jungs und Mädels haben sich eigentlich vorab ein Purple Heart verdient!

Nein, ich rede von denen, die sich freiwillig und ohne jeden Zwang dazu entscheiden, einen Roller als „Freizeitfahrzeug“ zu nutzen. Ich rede von all jenen, die auf die Idee kommen, ihren Roller zu „tunen“ und älter als 15 sind. Ich rede von Leuten, die das Wort „Roller“ und „Lifestyle“ in einem Satz unterbringen, ohne sich zu schämen.

Wo ein Mofa oder Moped noch kultig und lässig ist, hat der Roller auf ganzer Linie versagt. Jedes Mal wenn ich einen Roller sehe, denke ich mir: das arme Ding! Zwei Räder, ein Lenker, es hätte fast was Vernünftiges werden können. Aber nein, kurz vor dem Ziel doch noch verkackt!

Wie viel Plastik wollen sie an ihrem Fahrzeug? Ja!

Schon wenn man sich die Geschichte des Rollers etwas genauer betrachtet, wird klar: Das ist nichts für ausgewachsene Personen. Ursprünglich als Fahrzeug für Kinder gedacht, irgendwann mit dem, wie ich finde, durchaus passenden Namen „Sesselrad“ versehen und heute weithin als „Verkehrsbehinderung“ bekannt – ein glorreicher Lebenslauf sieht anders aus. Was in der Not der Nachkriegszeit durchaus ein zweckmäßiges und günstiges Fortbewegungsmittel war, ist heute nur noch ein Kopfschütteln wert.

Schon damals war eigentlich klar: das geht in die falsche Richtung!

Aber wer fährt überhaupt Roller? Was für ein Typ Mensch ist das? Wer tut sich das, völlig frei von Ironie, denn an?

Da gibt es zum einen die Gruppe der „Entschleuniger“. Wenn man die fragt, dann ist so ein Roller Balsam für die Seele. Mit maximal 80 km/h die Landschaft genießen, vor sich die atemberaubende Landschaft, hinter sich eine lange Schlange ordentlicher Kraftfahrzeuge. Es muss einfach herrlich sein! Und schließlich ist ja der Weg das Ziel! Und dieser Weg, der zieht sich! Vor allem für die anderen. Hinten im Körbchen eine Flasche alkoholfreier Bio-Wein und ein Baguette für die kleine Pause zwischendurch. Natürlich braucht man auf diesem Gefährt, abgesehen vom vorgeschriebenen Helm, keinerlei Schutzkleidung. Was soll schon groß passieren, wenn man das Leben genießt? Kurze Hose, T-Shirt und Flip-Flops reichen da völlig aus. Wie soll man denn auch sonst den Wind zwischen den Zehen spüren?!

Wirklich passieren darf da nix. Stofffasern aus Schürfwunden zupfen, da freut sich jeder Assistenzarzt.
Urheberrecht: juerg@fraefel.ch

Dann gibt es noch die, die sich mit „ja, aber das ist ja ein großer Roller“ vorstellen. Natürlich ohne jemals danach gefragt worden zu sein. Mit „groß“ meinen die dann alles über 125ccm. Natürlich gibt es dazu dann die wildesten Geschichten. Etliche Sportwagen und Motorräder wurden da bei Ampelstarts schon „vernichtet“, weil der Roller ja „ordentlich Bums“ hat und man natürlich nicht schalten muss! Ja ja, das sorgt dann für große Augen bei den anderen Verkehrsteilnehmern. Die Frage ist natürlich, ob die auch wussten, dass sie gerade an einem Beschleunigungsrennen teilnehmen. Wohl eher nicht.


Eine Gruppe, die natürlich nicht fehlen darf, sind die „Roller Tuner“. Ja, richtig gehört. Man kauft sich einen Haufen KFZ Scheiße, um es ein ganz klein bisschen weniger Scheiße zu machen. Da wird dann an der Variomatik gepfuscht, an Resonanzrohren gesägt und an der Ansaugung herummanipuliert. Am Schuss wird dann noch ein Akrapovič dran gefummelt (allein die Tatsache, dass Akrapovič Auspuffanlagen für Roller überhaupt anbietet, zeigt deutlich, wohin uns der Turbo-Kapitalismus gebracht hat) und fertig ist die Scheißkiste. Und für was? Für 0,5 PS mehr Leistung und das nervtötende Rollergeräusch ist das gleiche, nur eben lauter. Da fragt man sich: ab welchem Grat von Selbstwahrnehmungsstörung wird man eigentlich krankgeschrieben?

Playboy… Ganz bestimmt wird das so sein.

Die Liste hat natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Da wären z. B. noch die „Praktiker“, die mit einem Kasten Wasser zwischen den Beinen und zwei Einkaufstaschen am Lenker durch die Gegend fahren. Aber wenn ich da zu lange drüber nachdenke, wird mir ganz komisch.


Man liest es eventuell raus: Ich bin kein besonders großer Freund von Rollern. Nervtötende Geräuschkulisse, eine Optik, bei der man sich direkt abwenden möchte, Motoren die im Modellbau besser aufgehoben wären und dazu noch „Roller Enthusiasten“ die das auch noch zelebrieren. Mit den Dingern werde ich mich wohl nie anfreunden können. Und sollte es mal irgendwann so weit sein, dass ich auf ein Motorrad nicht mehr drauf komme… dann wird dieses Kapitel halt abgehakt. Ganz ohne mir den letzten Rest Würde, den ich zu diesem Zeitpunkt noch besitze, von einem Roller kaputt machen zu lassen.

2 Kommentare zu „Die Seuche der Straße – Teil #3

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